Stadt und Unternehmen benötigen Rechtssicherheit beim Thema Seveso
Ein Gutachten für Dormagen

Die 100 ist fast voll: Die Historie des CHEMPARK in Dormagen reicht bis ins Jahr 1917 zurück. Über die Jahre sind in unmittelbarer Nachbarschaft Ansiedlungen und Gewerbeflächen entstanden. Ein Nebeneinander, das aktuell unter dem Stichwort "Seveso" neu betrachtet wird.
Die historisch gewachsene Nähe zum CHEMPARK bot und bietet viele Vorteile: von kurzen Arbeitswegen für die Beschäftigten über eine gute Verkehrsanbindung bis hin zu Geschäften, die von der Nähe zu Produktion und Verwaltung profitieren. Diese Nähe sieht aber auch gewisse Regularien vor – für den CHEMPARK ebenso wie für die städtischen Planungs- und Baubehörden. Dazu zählt die sogenannte Seveso-Richtlinie. Sie verlangt, dass langfristig zwischen Produktionsanlagen in sogenannten Betriebsbereichen – also Anlagen, die unter die Störfallverordnung fallen – und "schutzbedürftigen Nutzungen", etwa Wohngebieten, Schulen und Einkaufszentren, ein angemessener Abstand gewahrt bleibt.
Planungssicherheit

Bislang bestand das Verständnis, dass die geforderten Abstände nur bei Bebauungsplänen zu berücksichtigen sind. 2011 entschied der Europäische Gerichtshof jedoch, dass die Richtlinie auch bei einzelnen Baugenehmigungen relevant sei. Die Folge für Kommunen: Bei jedem Neubau-, aber auch bei jedem Erweiterungsvorhaben wird eine komplexe Einzelfallbetrachtung notwendig. Um Planungssicherheit zu schaffen, haben bereits einige Städte – darunter auch Leverkusen – gesamtstädtische Abstandsgutachten erstellen lassen und auf deren Grundlage verbindliche Vorgaben für alle künftigen Bauvorhaben entwickelt. Aufwendige Einzelfallbetrachtungen sind dann zumeist nicht mehr notwendig.
Lösung für alle
Auch in Dormagen wird jetzt solch ein Gutachten erstellt. "Wir wollen Klarheit zu den zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten unserer Stadt erhalten, damit sich Rat, Verwaltung und Investoren frühzeitig daran orientieren können", sagt Bürgermeister Erik Lierenfeld. "Auf der Basis des Gutachtens wollen wir eine tragbare Lösung für alle Beteiligten erarbeiten." CURRENTA begrüßt die Vorgehensweise der Stadt, wie der CHEMPARK-Leiter Dr. Ernst Grigat betont: "Das bringt sowohl für den CHEMPARK als auch für alle anderen Akteure in Dormagen Planungssicherheit."
Glossar zu den wichtigsten Begriffen rund um die Seveso-Richtlinie
In der aktuellen Debatte zur Seveso-Richtlinie tauchen zahlreiche Fachwörter auf. Doch was steckt genau dahinter? Die CHEMPUNKT-Redaktion erklärt die wichtigsten Begriffe.
Ob Einfamilienhaus oder Industrieanlage: Vor jedem Baubeginn prüft die zuständige Behörde die Einhaltung bestimmter Vorschriften, um eine Baugenehmigung zu erteilen.
Für die zweistufige Bauleitplanung ist die jeweilige Gemeinde verantwortlich. Zunächst wird ein Flächennutzungsplan aufgestellt. Anschließend werden für einzelne Bereiche auf Basis des Flächennutzungsplans Bebauungspläne entwickelt.
Summe der Anlagen eines Betreibers an einem Standort, in denen mit gefährlichen Stoffen in entsprechender Menge umgegangen wird.
Hierunter versteht man zum Beispiel Gebiete, die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienen, und solche, in denen sich viele Menschen aufhalten, wie Kindergärten, Schulen oder Krankenhäuser.
Ein umgangssprachlicher Begriff für die der Störfallverordnung unterliegenden Anlagen in einem Betriebsbereich.
Wenn es plötzlich zu einem Störfall bei einer technischen Anlage kommt, müssen Mensch und Umwelt geschützt werden. Wie genau, das regelt die Störfallverordnung. Sie hat dazu beigetragen, den hohen Sicherheitsstandard von Anlagen weiter zu verbessern.