Leverkusen:
Brückenneubau soll Mitte nächsten Jahres beginnen

Um die täglichen Staulagen zu entspannen, plant der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen (Straßen.NRW) im Auftrag des Bundes den Ausbau der Autobahnen 1 und 3 im Kölner Autobahnring bei Leverkusen auf acht durchgehende Fahrstreifen. Das Gesamtkonzept soll in drei aufeinander abgestimmten Bauabschnitten nacheinander realisiert werden. Von den Baumaßnahmen werden auch alle Firmen im CHEMPARK betroffen sein. Für den ersten Bauabschnitt, den Neubau der A1-Autobahnbrücke über den Rhein, liegt nun der Planfeststellungsbeschluss vor.
Dieser erste Abschnitt auf der A1 reicht von der Anschlussstelle Köln-Niehl bis zum Autobahnkreuz Leverkusen-West. Kernstück ist hier der komplette Ersatz der maroden Leverkusener Rheinbrücke. Schon 2017 soll der Neubau starten.
Der zweite Abschnitt ist die Verbindung zwischen den Autobahnkreuzen Leverkusen-West und Leverkusen. Die Autobahn verläuft hier derzeit über ein rund 900 Meter langes Brückenbauwerk durch den Stadtteil Küppersteg, das in Leverkusen als "Stelze" bekannt ist.
Der letzte Abschnitt umfasst die A3 zwischen den Anschlussstellen Leverkusen-Zentrum und Leverkusen-Opladen. Dazu gehören auch der Umbau des Autobahnkreuzes Leverkusen und der Anschlussstelle im Zentrum. Die gesamte Baumaßnahme, so rechnen die Fachleute, wird sich bis in die 2030er Jahre ziehen.
Die Eröffnung der ersten Hälfte der neuen Brücke ist für 2020 geplant. Ab dann kann dieser Streckenabschnitt wieder sechsspurig freigegeben werden – auch für den LKW-Verkehr, der zurzeit auf der "alten" Brücke nicht erlaubt ist. 2023 soll dann die komplette neue Autobahnbrücke nutzbar sein.
Im Zusammenhang mit dem Brückenneubau hat Straßen.NRW auch Eingriffe in die gesicherte Altablagerung Dhünnaue geplant. Wesentlich geht es dabei um die Verbreiterung der Autobahntrasse und die Errichtung von Stützpfeilern, auf denen die Autobahn samt "Spaghetti-Knoten" über Rhein und Dhünnaue geführt wird. Straßen.NRW hat im Vorfeld zahlreiche Probebohrungen vorgenommen und ein umfangreiches Sicherungskonzept für die Dhünnaue erarbeitet, das Teil der Planfeststellung ist und einen sicheren Verlauf der Baumaßnahme gewährleistet. Als betroffener Grundstückseigentümer, zur Nachsorge verpflichtete Partei beziehungsweise als Betreiberin der Grundwasserbarriere hatten die Bayer AG, die Bayer Real Estate und CURRENTA zuvor im Rahmen des Planfeststellungsverfahren ihre Anregungen, Ergänzungen und Bedenken formuliert. Diese sind im Rahmen der Beschlussfassung abgewogen worden.
Um Emissionen abzufangen wird beispielsweise eine große abgedichtete Einhausung um die Baustellen auf der Dhünnaue errichtet, die mit der Baustelle "wandert". In ihrem Innern erfolgen sowohl die Bauarbeiten als auch die Befüllung spezieller LKW, die den Aushub zur geeigneten Entsorgung bringen werden. Unter anderem sorgt eine Abluftfilterung der Einhausung dafür, dass Schadstoffe nicht in die Umwelt gelangen. Auch spezielle Bohrverfahren, bei denen das Erdreich gekühlt ausgehoben wird, will Straßen.NRW einsetzen.
Über die Planungen und den Baufortschritt informiert Straßen.NRW unter anderem auf der Web-Seite https://www.strassen.nrw.de/projekte/autobahnausbau-bei-leverkusen.html, in der Zeitschrift "Dialog" sowie mit öffentlichen Veranstaltungen.

Straßen.NRW baut neue Brücke über den Rhein
Dr. Helmut Berg leitet das CHEMPARK-Office bei der Bayer AG und führt eine Projektgruppe von Experten der CURRENTA und von Bayer, die aus Unternehmenssicht das Bauvorhaben begleitet hat. Unter anderem hat dieses Projektteam die Interessen des CHEMPARK und von Bayer im sogenannten Planfeststellungsverfahren vertreten.
Inwieweit sind CURRENTA und Bayer von den Baumaßnahmen im ersten Bauabschnitt betroffen?
So wie viele andere Institutionen und Privatleute in Leverkusen gehören auch Bayer und CURRENTA zu den Betroffenen der Baumaßnahme. Im ersten Bauabschnitt wird im Bereich der Altablagerung Dhünnaue gearbeitet. Teile des Geländes gehören der Bayer Real Estate, und CURRENTA ist Betreiberin der Grundwasserbarriere der Dhünnaue. Über das Gelände der gesicherten Altablagerung Dhünnaue verlaufen mehrere für uns wichtige Infrastruktureinrichtungen zwischen dem CHEMPARK und dem Entsorgungszentrum, das direkt nördlich an die Autobahn angrenzt.
Was genau wird in der Dhünnaue für den Brückenbau geplant?
Der Landesbetrieb Straßen.NRW will – im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland – dort einen Stützpfeiler, das sogenannte Widerlager, für die neue Brücke errichten, die nördlich der bestehenden gebaut werden soll. Ferner soll die Trasse verbreitert werden.
Das bedeutet einen Eingriff in die bestehende Altlast. Bestehen Gefahren für Mensch oder Umwelt, wenn die Deponie geöffnet wird?
Straßen.NRW hat im Rahmen der Planfeststellung ein umfangreiches Sicherungspaket geschnürt, mit dem beispielsweise Emissionen in die Umwelt vermieden und die Beschäftigten im Baufeld geschützt werden. Diese Sicherheitsmaßnahmen wurden von den zuständigen Behörden geprüft und genehmigt. Auch die Fachleute von Bayer und CURRENTA haben sich mit dem Konzept eingehend auseinandergesetzt.
Aus unserer Sicht entsprechen die geplanten Maßnahmen dem Stand der Technik, sind an die Voraussetzungen in der Dhünnaue angepasst und überzeugend.
Können Sie zu diesen Maßnahmen Näheres sagen?
Straßen.NRW plant zum Beispiel eine Einhausung der Baustelle in den Eingriffsbereichen entlang der A1. Man muss sich die Einhausung vorstellen wie ein großes stabiles Zelt mit Ablufthaltung und Abluftentsorgung, so dass keine Emissionen nach außen dringen können. Auch die Fahrzeuge für den Abtransport des Aushubmaterials werden in der Einhausung befüllt und vor dem Verlassen in Schleusen gereinigt. Zum Einsatz sollen auch neuere Technologien zur Kühlung von Bohrgut kommen. Das reduziert wirksam die Bildung von Gerüchen.
Bergen die Arbeiten auf der Baustelle in der Dhünnaue Risiken?
Hierzu wird leider viel Unwahres spekuliert, zum Beispiel, dass es dort Rückstände aus dem Ersten Weltkrieg gäbe, Evakuierungen notwendig würden und dergleichen. Unsere Kenntnisse der Historie der Altablagerung, die Ergebnisse der Baugrunduntersuchungen und des Kampfmittelräumdienstes sowie die Erkenntnisse aus dem Bau der A1 in den 60er Jahren widerlegen das jedoch eindeutig. Richtig ist natürlich, dass mit den in der Dhünnaue abgelagerten Produktionsrückständen, die ein bekanntes Gefährdungspotenzial haben, sachgerecht und sicher umgegangen werden muss. Genau das ist aber Gegenstand des Emissionsschutzkonzepts von Straßen.NRW.
Wäre Bayer es nicht lieber gewesen, dass die Altablagerung Dhünnaue von den Baumaßnahmen unberührt bliebe?
Ja, aber sie sind unvermeidlich und wir haben sie zu dulden. Daher haben wir darauf hingewirkt, dass der Eingriff so gering wie möglich gehalten wird.
Welche Stoffe liegen genau in welche Menge in der Dhünnaue?
Bauschutt, Bodenaushub, hausmüllähnliche Abfälle, Schlacken und Aschen machen den größten Teil von insgesamt 6,5 Mio. Tonnen Material aus. Rund 16 Prozent sind Rückstände aus der chemischen Produktion.
In der Öffentlichkeit wurde auch das Thema der Entsorgung des Aushubs diskutiert.
Straßen.NRW rechnet mit einem Aushub von ca. 88.000 m³ im Bereich der gesicherten Altablagerungsfläche. Welches Unternehmen letztlich entsorgen wird, ist aber heute noch nicht geklärt. Die Leistung wird wahrscheinlich EU-weit ausgeschrieben werden.
Rund 740 Millionen Euro stellt der Bund für den Neubau der Brücke zur Verfügung. Müssen auch Bayer oder CURRENTA mit Kosten – speziell auch mit Blick auf die Altablagerung – rechnen?
Nein. Die Kosten für die gesamte Baumaßnahme trägt allein der Vorhabenträger, also der Bund. Er haftet auch für die Eingriffe in die Altablagerung.
Hat Bayer denn im Bereich der Dhünnaue Grundstücke verkauft, damit die Brücke gebaut werden kann?
Nein, einen Verkauf hat es nicht gegeben. Im Zuge der Sicherung der Altablagerung Dhünnaue gab es zwischen der Stadt Leverkusen, Straßen.NRW als Vertreter der Bunderepublik Deutschland und Bayer einen flächengleichen Grundstückstausch im Bereich Dhünnaue-Mitte, der in den 90er Jahren vereinbart und notariell 2013 vollzogen wurde. Dieser Tausch steht aber nicht im Zusammenhang mit dem aktuellen Brücken-Projekt.
Bei der Sanierung der Dhünnaue wurde die gesamte Altablagerungsfläche mit einer Oberflächenabdichtung versehen. Es gibt sogar eine Bodenluft-Drainage. Wenn die Abdichtung jetzt geöffnet wird, gelangt dann belastete Luft in die Umwelt?
Es ist damals vorsichtshalber ein weiträumiges Drainagenetz für Bodenluft eingebaut worden. Das nimmt die Luft auf, die bei Rheinhochwasser aus dem Deponiekörper gedrückt wird. Sie wird dann über Sammelschächte an die Oberfläche geleitet. Diese Luft ist immer wieder kontrolliert worden, aber es konnten bis heute keine Belastungen festgestellt werden.
Wenn mit den Baumaßnahmen begonnen wird, worauf müssen sich speziell die Pendler aus dem CHEMPARK einstellen?
Die genauen Folgen für den Verkehr werden von Straßen.NRW zurzeit überprüft, denn durch die LKW-Sperranlagen haben sich die Rahmenbedingungen verändert. Soviel wir wissen, wird an Plänen gearbeitet, die Belastung für Autofahrer ebenso wie für den Schwerverkehr möglichst gering zu halten. Aber es ist leider zu befürchten, dass die jetzt bereits angespannte Verkehrssituation mit Baubeginn nicht besser wird.